STVO Novelle - Schwerpunkt aktive Mobilität
Wenn wir mit dem Rad fahren oder zu Fuß unterwegs sind, dann ist das nicht nur gut für unsere eigene Gesundheit, sondern auch für unser Klima. Mit einer umfassenden Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) machen wir diese Mobilitätsformen attraktiver und sorgen für mehr Sicherheit. Durch zahlreiche Vereinfachungen und völlig neue Möglichkeiten erleichtern wir immer mehr Menschen den Umstieg auf eine aktive und klimafreundliche Mobilität.
Erleichterungen fürs Radeln
Der „Grünpfeil“: Rechtsabbiegen bzw. Geradeausfahren bei Rot
Voraussetzung bei beidem ist, dass davor angehalten und sichergestellt wird, dass das Abbiegen bzw. Weiterfahren ohne Gefahr, vor allem für Fußgänger, möglich ist.
Verpflichtender Sicherheitsabstand beim Überholen
Autos müssen beim Überholen von Fahrrädern künftig einen größeren Abstand einhalten. An die Stelle einer ungenauen Faustregel treten ab 30 km/h erstmals exakte und verpflichtende Mindestabstände: innerorts 1,5 Meter und außerorts 2 Meter. In Deutschland gilt diese Maßnahme ähnlich bereits und trägt zu deutlich mehr Sicherheit für Radler:innen bei.
Fahrräder dürfen nebeneinander fahren
Bisher waren die Möglichkeiten für das Nebeneinanderfahren sehr begrenzt. Wir sorgen für eine Reihe von zusätzlichen Verbesserungen: Wenn man ein Kind am Rad begleitet, darf man künftig immer nebeneinander fahren, außer auf Schienenstraßen.
Auch in Tempo 30-Straßen wird das Nebeneinanderfahren jetzt möglich, außer auf Schienen- und Vorrangstraßen. Dabei muss vor allem darauf geachtet werden, dass niemand gefährdet oder am Überholen gehindert wird.

Radfahren in Gruppen wird erleichtert
Bisher war es schwer und oft gefährlich, beim Radfahren als Gruppe zusammen zu bleiben. Das ändern wir und sorgen für wichtige Erleichterungen, z.B. für Radausflüge von Schulklassen. Wenn eine Gruppe (laut StVO: „Verband“) von mindestens 10 Personen gemeinsam in eine Kreuzung einfährt, muss ihr das gemeinsame Verlassen der Kreuzung ermöglicht werden – auch, wenn die Ampel währenddessen auf Rot umgeschaltet hat. Damit das für alle Verkehrsteilnehmer:innen eindeutig erkennbar ist, muss die erste und die letzte Person der Gruppe eine Warnweste tragen.
Reißverschluss statt Nachrang
Wer bisher von einem Radweg auf eine parallel laufende Straße wechseln musste, hatte Nachrang – und musste oft lange warten, bis eine sichere Weiterfahrt möglich war: Künftig gilt wie im Autoverkehr das Reißverschlussprinzip. Damit kommen Fahrräder schneller und sicherer voran.
Schluss mit überzogenen Strafen
Die Vorschriften zur Ausrüstung von Fahrrädern sorgen für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit im Straßenverkehr. Bis jetzt konnte bei einer Kontrolle jeder Verstoß dagegen einzeln bestraft werden. Für einen fehlenden Reflektor und ein defektes Rücklicht wurden Radler:innen also zwei Mal zur Kasse gebeten – was in Summe zu sehr hohen Strafen führen konnte. Künftig werden alle fehlenden oder kaputten Ausrüstungsteile als eine Verwaltungsübertretung bestraft. Damit bleibt Radler:innen mehr Geld, das sie in eine sichere Ausrüstung stecken können.
Sinnvolles Abbremsen statt mühsames Ausbremsen
Bisher musste man am Rad immer auf 10 km/h abbremsen, wenn man sich einer Radfahrerüberfahrt genähert hat – selbst wenn weit und breit kein Auto zu sehen war. Künftig ist das nur noch zwingend notwendig, wenn ein Auto in unmittelbarer Nähe unterwegs ist.
Der Radweg gehört den Radler:innen
Autos, die auf Flächen für Radler:innen hineinragen, sind nicht nur ein Hindernis, sondern auch gefährlich für den Radverkehr. Dieses Hineinragen wird jetzt ausnahmslos verboten.
Weg frei für mehr Radwege am Land
Oft werden am Land keine Radfahranlagen gebaut, weil diese nach der bisher geltenden Straßenverkehrsordnung nicht von Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt werden durften. Dieses Hindernis beheben wir und machen damit den Weg frei für mehr Radwege am Land.
Wissen, wo‘s lang geht
Auf der Autobahn längst Standard, bald auch im Radverkehr: Eigene und einheitliche Wegweiser werden für eine deutlich erleichterte Orientierung für Radler:innen sorgen.
Neue Schilder zeigen an, wenn Sackgassen nur für den Autoverkehr gelten und der Weg für Fußgänger:innen und/oder Radler:innen weiter geht.
Mehr Sicherheit für Fußgänger:innen
Der Gehsteig gehört den Fußgänger:innen
- Autos, die über den Gehsteigrand hineinragen, lassen oft kaum noch Platz für Fußgänger:innen und Rollstuhlfahrer:innen. Dieses Hineinragen wird jetzt verboten. Für Radwege gilt dieses Verbot absolut, bei Gehsteigen ist das Hineinragen in geringfügigem Ausmaß und für kurze Ladetätigkeiten möglich – aber nur, wenn eine Mindestbreite von 1,5 Metern freibleibt. Fahrzeuge, die sich nicht an das Verbot halten und das Benutzen eines Geh- oder Radwegs behindern, können früher abgeschleppt werden.
- Damit der Gehsteig auch wirklich den Fußgänger:innen gehört, gilt auch für alle anderen Hindernisse (abgestellte Gegenstände oder Müllcontainer): Mindestens 1,5 Meter müssen immer frei bleiben. Ausgenommen sind nur vorübergehend aufgestellte Gegenstände, die für Reparaturen oder Baustellen unerlässlich sind.
- Neu ist auch, dass Fußgänger:innen am Gehsteig immer Vorrang bekommen. Bei Garageneinfahrten oder Parkplatzausfahrten dürfen sich Autos nicht mehr „vordrängeln“ und dabei Fußgänger:innen gefährden.
Haltestellen werden sicherer
Oft liegt zwischen Straßenbahnschienen und Gehsteig noch Fahrbahn. Künftig müssen Fahrzeuge ausnahmslos stehenbleiben, solange Fahrgäste ein- und aussteigen, und dürfen erst weiterfahren, wenn niemand mehr zu Bim oder Bus läuft und die Türen wieder geschlossen sind.
Einfachere, lebensnahe Regeln für Fußgänger:innen
Bisher war es verboten, „die Fahrbahn überraschend zu betreten“. Jetzt lautet die Vorgabe, dass Fußgänger:innen beim Betreten der Fahrbahn auf den übrigen Verkehr achtgeben müssen. Das sorgt für Eindeutigkeit und Sicherheit. Klargestellt wird auch, dass Gehsteige oder Gehwege nur benützt werden müssen, wenn das zumutbar ist – also vor allem, wenn genug Platz ist.
Wer die Straße überqueren muss, soll dafür weiterhin möglichst einen Zebrastreifen (Schutzweg) nutzen. Wenn es die Verkehrslage zweifellos zulässt, muss dafür aber kein unnötiger Umweg mehr gemacht werden. In diesem Fall kann auch neben dem Zebrastreifen gequert werden. Ausgenommen sind Kreuzungen, die durch eine Ampel geregelt sind.
Kein Hetzen bei der Ampel
Ampeln werden oft so geschalten, dass Autos möglichst flüssig vorankommen. Wir sorgen dafür, dass bei der Ampelschaltung mehr Rücksicht auf Fußgänger:innen genommen werden muss. Das bedeutet kürzere Wartezeiten und längere Grünphasen, damit sich z.B. auch ältere Menschen nicht hetzen müssen.
Schutz vor LKWs
Beim Abbiegen kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil Fußgänger:innen von abbiegenden LKW-Fahrer:innen übersehen werden. Deshalb müssen Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen künftig überall im Ortsgebiet beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wo mit querendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.
Die neue Schulstrasse
Im morgendlichen Verkehrschaos, in dem Eltern ihre Kinder mit Fahrrad, Auto oder zu Fuß in die Schule bringen, kann es zu besonders brenzligen Situationen kommen. Vor immer mehr Schulen wurde daher ein kurzzeitiges Autofahrverbot kurz vor Unterrichtsbeginn verordnet, um den Kindern ein sicheres Ankommen zu ermöglichen. Vorbild dafür war Bozen (Südtirol), aber mittlerweile gibt es z.B. auch in Wien, Graz oder Vorarlberg einzelne solche „Schulstraßen“.
Bisher mussten diese Fahrverbote für jede Schule von der zuständigen Behörde eigens entwickelt werden. Es gab keine einheitlichen Verkehrszeichen, die darauf hinweisen. Das ändern wir jetzt. Wir schaffen einheitliche Regelungen und ein eigenes Verkehrszeichen für Schulstraßen. Das macht die Verordnung für die Behörden leichter und sorgt dafür, dass eine Schulstraße von allen auf den ersten Blick erkannt werden kann.
Ausnahmen vom Kfz-Fahrverbot werden einheitlich geregelt, etwa für Anrainer:innen. Unbedingt notwendige Fahrten mit dem Auto zum Zu- und Abfahren sind in Schrittgeschwindigkeit weiterhin möglich. Radverkehr in Schrittgeschwindigkeit ist generell erlaubt. Die jeweiligen Uhrzeiten können je nach Bedarf festgelegt werden. Wenn besondere Voraussetzungen an einem Standort das nötig machen, kann die Behörde wie bisher maßgeschneiderte Fahrverbote verordnen.